2007: Platten, die überzeugten

von einbecker

Meine besten Alben von 2007:

  • 5. Maximo Park: Our Earthly Pleasures

    Als selbst erklärter Britpopexperte bringe ich gleich zu Anfang das Totschlagargument: Wahrscheinlich die beste Britpopplatte dieses Jahrzehnts. Ich könnte mich über Textzeilen auslassen: »Would you like to go on a date with me? And I know it’s old-fashioned to say so« oder auch »Rain explodes at the moment that the cab door closed // I feel the weight upon your kiss ambiguous«. Oder Liedanfänge wie die Orgel/Gitarrenkombination gleich am Anfang von Girls Who Play Guitars. Oder den Gesang. Oder die leicht störende passionierte Introextrovertiert bei den Auftritten. Oder ich belasse es einfach bei: Wahrscheinlich die beste Britpopplatte dieses Jahrzehnts.

  • 4. Tocotronic: Kapitulation

    »Ein schönes Wort. Ein deutsches Wort.« hetzte Dirk von Lotzow ins Mikrofon, bevor es weiterging mit hohem Tempo. Und besingt damit das L’Etat Et Moi dieser Zeit, die wichtigste deutschsprachige Aufnahme seit langem. Kapitulation ist unnahbar und nah, sehr weit weg und doch direkt hier und jetzt. Es mischt die Slogans der ersten Alben mit der Mystik der zweiten Schaffensperiode, zitiert mit viel Augenzwinkern viele Bereiche der hiesigen Popkultur, um sie zu negieren und gleichzeitig zu konzentrieren. Es vereint Wolken und Politik, Liebe und Krieg. Und auch wenn es sich so anhört: Mit nichten rede ich hier nur vom Text. Bessere Popmusik, die auch ohne Peinlichkeit jedem Nichtdeutschsprecher gefällt und auch jeden Tocotronicskeptiker aus meinem Umfeld von der Größe dieser Band überzeugt hat, gab es lange nicht.

  • 3. Future Of The Left: Curses

    Was haben wir Mclusky damals geliebt. Was für Musik! Was für ein Konzert! Und was für Shirts! (fuck this band — mclusky) Hier also die legitimen Nachfolger, 2/3 Mclusky, 1/3 Jarcrew. Und wieder: Was für ein Sound! Was für ein präziser, hirnverbranter Lärm! Nie war krach schöner, und natürlich wurde das ganze auch noch mit einem superben Konzert getoppt, so dass man diese kleine Band aus Wales nur vergöttern kann. Und sollte.

  • 2. Gravenhurst: The Western Lands

    Schon 2005 waren sie hier obenauf, allerdings nur mit einer Single, denn das Album enttäuschte damals. Viel ist geschehen: Der Soundtrack zu Ein Freund von mir wurde gemacht und für gut empfunden. Und jetzt: Ein neues Album. Auf dem kein Velvet Cell drauf ist. Braucht es auch nicht. Denn es gibt viel mehr. »battle scars from all night bars // never thought that i would be so drawn to it // city girl, what have we done to ourselves?« ist da noch das greifbarste, was Nick Talbot uns da in schönster Fragilität serviert, ansonsten beherrschen Myst- und Symbolik das traumhafte Bild.

  • 1. The National: Boxer

    Keine Überraschung, wer meine Charts kennt. Aber dieses Album ist mehr als 327 gespielten National-Songs. Viel mehr. So viel mehr. Es ist, ab Tag eins, Lied eins, Minute eins: Gänsehaut. Warmer Wintermantel. Kühler Sommerwind. Gespenstischer Nebelschleier, der sich auf dem Nachhauseweg dieser einen Festivität um einen legt und einen doch nicht stört. Es ist das Piano, das kurz den Beginn ankündigt, bevor Matt Berninger mit der Singstimme, die ich gerne hätte, loslegt: »Stay out super late tonight // picking apples, making pies // put a little something in our lemonade and take it with us«. Es ist ein Album, auf das sich alle einigen können, ohne sich darauf einigen zu müssen. Diese unaufgeregte Zurückgelehntheit, die sich genau deswegen so dringlich und nach vorne anhört, die Kombination aus Einzelcharakteren, die sich für das große Ganze entschieden haben: Das ist das Album des Jahres.

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2 Kommentare

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  • Lena (Team) am 10.01.2008  #1

    Na endlich, auf diese Liste habe ich lange gewartet… und sie erfreut :-)

    Und zu Deiner Nummer 1: Verdammt nochmal, Du HAST so eine Rede- und wenn ich mich nicht ganz täusche auch Singstimme.

  • Schuer (Team) am 18.01.2008  #2

    Ne Woche später: Danke für die Aufbereitung der Letztjahresplatten! Ich fühle mich jetzt 2 cm unabhängiger, mochte Maximo Park (natürlich) auf Anhieb, konnte mich mit Tocotronic arrangieren (sonst eher weniger, aber), habe den hirnverbrannten Lärm überhört, bin interessiert an Gravenhurst vorbeigeschlendert und dann auf National gestoßen. Stehe hier und warte darauf, dass sie mich abholen. Mal sehen.

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