Dialogbausteine für Krimis

von JC Niemeyer

Der TV-Ermittler Gunvald Larsson gibt seinem Chef schon mal die Worte “Geh ein bisschen spielen!” mit auf den Weg, um mit einem – noch – unkooperativen Zeugen alleine zu sein. Regelmäßige Zuschauer der Beck-Reihe mögen Gunvalds anschließend zu bewundernde Verhörmethoden sehr, sie haben schließlich einen besonderen Unterhaltungswert. Viele Krimis sind einfacher gestrickt und folgen einem simplen Muster. Insbesondere die Gespräche der zentralen Figuren scheinen aus dem Dialogbaukasten zu stammen. Besonders beliebte Äußerungen, chronologisch geordnet:

  • 5. Assistent: “Ich habe Spuren von gewaltsamem Eindringen gefunden.”

    Gewaltsames Eindringen geht immer. Hat der Kommissar einen Raubmord in der Industriellenvilla zu untersuchen, liefert einer der Spurensicherer ihm diese Information gleich am Tatort. Und auch wenn ein Sexualdelikt an einer knackigen Studentin aufzuklären ist, kommen die Spuren des gewaltsamen Eindringens spätestens beim obligatorischen Gespräch zwischen Ermittler und Pathologen auf den Tisch, meist sogar im Wortsinn.

  • 4. Zeuge: “Sie war’s, sie war’s.”

    Ein Klassiker seit rund 2000 Jahren. Zeugen müssen schließlich ihre Beobachtungen und Vermutungen loswerden. Wird teilweise auch zur Verwirrung von Kommissar und Zuschauer eingesetzt, wenn der Zeuge seine Aussage spontan ändert (“er war’s, er war’s”).

  • 3. Verdächtiger: “Du hast es nicht anders verdient!”

    Gehört eigentlich an den Beginn der Handlung, aber der Regisseur lässt die Zuschauer miträtseln. Deshalb baut er diese Szene als Rückblende mitten in den Film. Der Verdächtige und das Opfer stehen sich gegenüber, der eine verängstigt, der andere wutentbrannt mit einem Spaten in der Hand. Natürlich war der Typ mit dem Spaten es hinterher doch nicht, sonst wäre ja die Spannung weg.

  • 2. Ermittler: “Dann wollen wir dem Herrn mal einen Besuch abstatten.”

    Kurz vor Abschluss der Ermittlungen ist es an der Zeit für die Konfrontation von Ermittler und Täter. Der Hinweis auf das bevorstehende Gespräch mit dem Täter führt dem Zuschauer erneut einige wichtige Details vor Augen: Auch wenn so ein Fernsehkommissar ständig irgendwelchen Leuten Besuche abstattet, muss der, der so deutlich angekündigt wird, wohl wichtig sein, also aufwachen! Zudem ist dies die Gelegenheit, noch einmal den Charakter des Ermittlers zu unterstreichen, man achte auf seinen Tonfall. Der knallharte Kommissar sagt es überlegen-süffisant und demonstriert seine Entschlossenheit im Kampf gegen das Verbrechen. Der gemütliche deutet nur sachlich an, dass sein Assistent nun den Wagen holen könnte. Und der trottelige freut sich, dass er nochmal aus dem Revier rauskommt, bevor der den lästigen Bericht schreiben muss.

  • 1. Täter: “Seit wann wissen Sie es?”

    Im Strafprozess hat der Angeklagte das letzte Wort, im Krimi nur das vorletzte. Der Überführte will für‘s nächste Mal wissen, was er anders machen muss, um nicht wieder überführt zu werden. Wie der Kommissar es letztlich rausgekriegt hat, ist beinahe eine eigene Liste wert. Der Klassiker: “Seit wir die Tatwaffe bei Ihnen gefunden haben”, neuerdings gerne auch: “Seit wird Ihnen heimlich eine DNA-Probe abgeluchst haben.” Der überlegen-süffisante Ermittler lässt sich mit Vorliebe zu einem Bekenntnis wie “Seit unserer ersten Begegnung, ich habe Ihre Angst gerochen” hinreißen. Von höherem Unterhaltungswert sind die exakten Beobachter unter den Kommissaren, die merken es an den abgefahrensten Details, etwa am Akzent, den der Täter so mühsam unterdrückt oder an dessen Art, sich durchs Haar zu fahren. Leider lautet die Antwort nie: “War nur geraten.”

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3 Kommentare

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  • joerg am 22.07.2006  #1

    Was (zum Teufel) wollen Sie damit sagen? Sie glauben doch nicht etwa, dass ICH …?!
    Klassische Reaktion des Täters auf die erste zarte Andeutung der Ermittler, dass sie ihn für verdächtig halten. Diese Andeutung kommt oft in Frageform daher, etwa: “Haben Sie eigentlich auch einen Schlüssel für…” oder “Wie glücklich war eigentlich ihre Ehe?” oder “Wussten Sie eigentlich, dass das Opfer Sie als Alleinerbe eingesetzt hatte?” und natürlich: “Sagen Sie mal, wo waren Sie eigentlich in der fraglichen Nacht?”

  • einbecker (Team) am 27.07.2006  #2

    Der Todeszeitpunkt lässt sich nicht genau feststellen. — Wasserleiche? — Wasserleiche.

    Das läuft zu glatt. (Der eigentlich eindeutige Täter wars natürlich nicht.)

    Schauen wir doch mal auf seine Bankkonten. (Geld oder Liebe — die beiden Gründe, jemanden umzubringen. Oder ist es doch nur einer?)

    Sehr schön, das ganze! ;-)

  • joerg am 28.07.2006  #3

    “Tut mir leid, Sie nochmal belästigen zu müssen, aber ich hätte da noch eine Frage …”

    “Nur zu, Inspector Columbo, fragen Sie. Ich habe nichts zu verbergen.”

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