Buntes 2006

von einbecker

Wie jedes Jahr im Juni feierte sich die Dredsdner Neustadt letztes Wochenende selbst: Ca. 150.000 Besucher kamen zur 16. Bunten Republik Neustadt. Zwar wurde das Fest auch von den üblichen Krawallmachern heimgesucht, die mit Glasflaschen und Steinen ein Auto und die Scheibe einer Straßenbahnhaltestelle hinrichteten, ansonsten aber wurde gut gefeiert, getanzt, getrunken, gespielt und genossen. Fotos gibts bei Flickr, ein Video kommt später. Die Highlights:

  • 5. Der Blick von der Martin-Luther-Kirche

    Die Kirche, die man auf Martins Photo sehen kann, ermöglicht einen klasse Blick über die Menschen auf der Straße. Meine Mitbewohnerin hat Fotos gemacht, folgen also später.

  • 4. Die schwarz-grüne Ordnungsmacht

    Tagsüber ist die BRN das Fest, wie man sich Feste vorstellt: Spaß für Jung und alt — und unbehelmte, ungepanzerte Polizisten in schnöden braungrün und Kleinstgruppen, die freundlich lächeln. Abends, wenn dann bei einigen (hoffentlich nicht der Polizei) der Alkoholpegel höher ist, marschieren die Hüter des Rechts durch die Straßen, als ob Robocop keine Utopie war: In Schwarz, vermummt, mindestens zu zehnt und dick eingepanzert. Wenn dann am Samstag abend Hunderte dieser schwarzen Klopse eine Straße abriegeln, auf der dann 30 Leute langehen — und man nicht auf die andere Seite der Absperrung darf, und die, die auf der anderen Seite sind, nicht auf die eigene Seite dürfen — das ist irgendwie fast schon wieder niedlich. Genauso niedlich wie der Spruch, der nach ?ñffnung der Straße vom (NRW-)Polizisten kam: »Muss für Euch ja fast wie bei der Maueröffnung sein.« Ah, ja.

  • 3. Die Musik

    Innerhalb der Neustadt ging das Feiern weiter, auch wenn die Herren Polizisten draußen alles abriegelten. Und wie es da die ganze Zeit weiter ging: Auf welchem Fest gibt es sonst noch Klezmer, Punk, Liedermacher, Rock, Punkcover (auf Zuruf!), Sirtaki, türkische Musik, Drum’n'Bass, R’n'B, Hare Krishna, Salsa, Tango, Balalaika, Ukulele und Harfe zusammen, meist nicht mehr als 20 Meter voneinander entfernt und sich dabei (un-)harmonisch überbietend? Nicht zu vergessen die Iren, die beim Verlassen des Pubs noch ihrem (oder Billy Joels?) Pianoman ein Ständchen sangen.

  • 2. Die Menschen

    Sicher, es gab auch wieder die großen Bier- und Bratwurststände von Leuten, die wohl sonst keinen Fuß in die Neustadt setzen würden. Aber (gefühlt) ist das wohl auch wieder weniger geworden, dafür mehr Kinder mit Bauchladen, die selbstgemachte Limo, Nussecken oder Zöpfe für je 50 Cent verkauften. Oder die Cuba Libre für um die drei Euro, die überall in der Neustadt mit Havana Club (oder besser) gemixt wurden. Oder die Krebsfleischbällchen, Die indischen Wraps oder die Waffeln mit Sirup nach Wahl (in Länderfarben). Oder das Riesenspielzeug auf der Talstraße (2-Meter-Schaukelkamel, mannshohe Mikadostäbchen, Wasserflaschenkanone (nach oben), Karussel (!) und Bauklötze). Alles gemacht von Menschen, die zwar (teilweise) auch etwas daran verdient haben, aber großteils es einfach aus Spaß an der Freude gemacht haben. Danke!

  • 1. Die Neustadt

    Es ist immer wieder erstaunlich, was dieser Stadtteil auf die Beine stellen kann. Vor vier Jahren zog ich her, ursprünglich für eine kurze Verweilzeit — man will ja noch etwas anderes sehen in der Welt. Auch wenn es wohl in ein, zwei Jahren doch weiter gehen wird, im Moment kann ich keinen besseren Ort zum Leben vorstellen. Über 50% Grünenwähler, ein Altersschnitt von 19 Jahren, eine Bausubstanz (Gründerzeit), die es wohl in der Form nirgends sonst in Deutschland noch so erhalten ist, eine Kneipenszene, die immer neues zu bieten hat und sich dann doch nicht in den Schick eines Prenzlauer Bergs flüchtet, Alte Menschen, die den kleinen Kindern Schach beibringen und dazu noch grün im Alaunpark, der Heide und im Umland. Und ein Fest, wie es keins gibt. I think I like you.

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