5 Dinge, die Deutsche noch lernen müssen

von Schuer

  • 5. Rolltreppe fahren

    In Prag gibt’s die Längsten. Rolltreppen. Und weil dessen Tempo rein benutzertechnisch begrenzt sein muss, um problemlos aufspringen zu können, und weil niemand in Prag minutenlang in einen U-Bahn-Schacht rollen möchte, hat man sich dort ganz selbstverständlich the one and only Grundregel angeeignet: rechts stehen, links gehen. In Deutschland ist das anders. Hier verteilen sich tütenbepackte Omis, quengelnde Kleinkinder, Väter mit Kinderwagen und multiple Kleingruppen ohne jedliche Hast großflächig auf den zur Verfügung stehenden Stufen. Wer’s eilig hat und sich an ihnen vorbeidrängen möchte, hat die Arschkarte gezogen.

  • 4. Schlange stehen

    Ein zu Punkt 5 vollkommen gegenteiliges Verhalten offenbart sich immer dann, wenn es notwendig wird, Schlangen zu bilden. Engländer haben diesen Vorgang bis zur Perfektion verinnerlicht und schlängeln sich auch ohne Trennbänder oder Ordnungspersonal in sauberen Abständen auf engstem Raum. In Deutschland hingegen versucht man gar nicht erst, auf perfidem Weg zu eigenen Gunsten vorzudrängeln, sondern tut dies ganz offensichtlich und möglichst unbeholfen, um sich danach in müßige Diskussionen zu verstricken.

  • 3. Kaffee kochen

    In Italien kannst du jede noch so abgewrackte Gaststätte aufsuchen, in jedem noch so versifften Hotel absteigen oder an einen beliebigen Straßenkiosk gehen, und du wirst dort für kleines Geld einen erstklassigen Cappuccino erhalten. In Deutschland ist man inzwischen dazu übergegangen, die heimische Gastronomie möglichst großflächig mit grauen Vollautomaten zu versehen, die aus abgestandener H-Milch und dumpfen Bohnen ein grobporiges Getränk zaubern, das selbst damals keine zwei Mark fünfzig wert gewesen wäre.

  • 2. Englisch

    Wisst ihr, warum man in Deutschland verhältnismäßig (Franzosen mal außen vor gelassen) schlecht englisch spricht? Weil man hier jeden Rotz im Fernsehen synchronisiert vorgesetzt bekommt. In vielen anderen Ländern schaut man englischsprachige Filme im Original mit Untertiteln (OmU). In Deutschland jedoch spricht Pretty Woman wie Ally McBeal und Sylvester Stallone wie John Travolta und Adriano Celentano. Hat den Vorteil, dass manche schlechte Stimme eines großartigen Schauspielers durch die Synchronisation an Bedeutung gewinnt (Tom Hanks oder Bruce Willis vielleicht?), hat jedoch den Nachteil, dass uns die Weltsprache in der Praxis oft fremd ist.

  • 1. Top 5-Listen bauen

    Selten ist man hier – in Deutschland, nicht in diesem Blog – in der Lage, vernünftige Toplisten zu bauen. Viele von denen haben mehr als fünf Punkte und/oder beginnen bei eins zu zählen. Was ist denn das für ein schlechter Stil? Ehrlich, hier scheint kaum jemand High Fidelity gesehen oder ernsthaft gemocht zu haben.

Es war Einstein-Jahr und ist WM-Jahr, wir sind Deutschland und es muss ein paar Dinge geben, die wir besonders gut können. Senden wir sie doch denen hier, nachdem wir sie in den Kommentaren gesammelt haben:

Rent a german

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9 Kommentare

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  • r0ssi am 25.02.2006  #1

    Punkt vier trifft in Hamburg zumindest nicht zu, sonst schon. Aber Punkt 2 wirst Du nochmal durchdenken wollen, wenn Du in Frankreich oder Spanien mal versucht hast Dich mit Englisch durchzuschlagen, dagegen ist Deutschland mal gar nix…

  • Schür (Autor) am 27.02.2006  #2

    Hamburger sind gut im Schlange stehen/bilden? Die Berliner haben es nicht drauf, das merke ich täglich.

    Zu Punkt 2 wurde Frankreich bereits angemerkt. In Spanien war ich nie, denn Barcelona darf man ja kaum einbeziehen. Dort spricht man allerdings lausig englisch, da hast du recht. Sogar in amerikanischen Coffeeshops kam man damit nur mit Mühe klar. In Italien läuft’s sicherlich ähnlich schlecht, aber viele andere Europäer haben uns vermutlich einiges voraus.

  • joerg am 01.03.2006  #3

    Meine Nummer1: Auf 2 und 4 klatschen. Deutsche (oder “Weiße” muss es vielleicht heißen, ohne rassistisch klingen zu wollen) können nur auf 1 und 3. Genetischer Defekt, denkt man.
    (Und Ostdeutsche können wohl Schlangestehen, 40 Jahre nischt annersch gemacht!)

  • Dude am 03.03.2006  #4

    5. Rolltreppe fahren

    Ich war begeistert. Die Rolltreppen in Prag sind wirklich verdammt lang. Und im Gegensatz zu denen hier im Lande richtig schnell.
    Wir hatten da auch mal so einen kleinen Wettbewerb laufen. Wieviel Bier man wohl auf einer Fahrt schafft. Na ja. Das lasse ich mal offen stehen.

    1. Top 5-Listen bauen

    Da muss ich widersprechen. In Hornbys High Fidelity beginnen die Top 5 Listen ebenfalls mit der 1. Im Buch, meine ich jetzt. Das sich übrigens auch in vielen anderen Punkten recht stark vom Film unterscheidet. Aber letztlich bleibt das wohl einfach Geschmackssache.

    Leseprobe:

    Die ewigen Top Five meiner unvergesslichsten Trennungen für die einsame Insel in chronologischer Reihenfolge:

    1) Alison Ashworth
    2) Penny Hardwick
    3) Jackie Allen
    4) Charlie Nicholson
    5) Sarah Kendrw

    Das waren diejenigen, die wirklich weh getan haben. [...]

  • Einbecker am 03.03.2006  #5

    Kommt drauf an wie mans sieht, denn abgesehen von den Nummern ist ja die Reihenfolge von hinten nach vorn, von unwichtig nach wichtig sortiert. Aber Geschmack und streiten ist ja bekanntlich nicht.

  • Dude am 04.03.2006  #6

    Du sagst es.

  • Marcus am 07.03.2006  #7

    Also hier in München klappt das mit rechts stehen, links gehen ganz gut. Lediglich an zentralen Punkten wie am Stachus stockts manchmal, das sind dann aber meist die Touristen.

  • Tom am 06.09.2006  #8

    Punkt 5 wird in München schon mit rechts stehen-links gehen durchgezogen. Ist mir aber ein Greuel, ich bin immer total verwirrt, wenn ich von meinen Eltern (Karlsruhe) komme und schon im Hauptbahnhof München auf der Rolltreppe angeschnauzt werde, wo ich denn da rumstünde.

    Punkt 4 haste wohl recht! Auch wenn wir immer noch sehr diszipliniert sind :)

    Punkt 3: ja!jajajajaja!

    Punkt 2: Eieiei… die Italiener sind auch schlimm! Aber den Vogel schießen für mich die Basken respektive Spanier ab… Da versteht man nichts! Aber gegen alle nordischen Länder kacken wir ab. Was evtl. auch daran liegt, dass Norwegisch wie Englisch auf Kartoffeln klingt (vgl. Kaizers Orchestra)

    Punkt 1: “Waaaaas, du hast diese verdammte Scheibe noch nicht?”
    (Womit wir wieder bei OmU wären… ich kenn ihn nur auf deutsch :D )

  • Matze am 04.01.2008  #9

    zu Punkt 2 muss ich dir entschieden widersprechen. asiatische länder (ich weiß es aus eigener Erfahrung aus Taiwan (R.O.C.) und Japan) stehen noch schlimmer da. trotz kinofilmen mit untertiteln (zumindest japan, taiwan weiß ich nicht).
    natürlich wär ein ende der synchro-wut wünschenswert. aber wofür gibt es dvds!?

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