Audiophilitität

von einbecker

… oder fünf Gründe, warum Audio-Leser nachts kleine Kinder fressen (wie angekündigt):

  • 5. Zeitschriften

    Wie die Einleitung bereits suggeriert, gibt es einen Unterschied zwischen Musikzeitschriften auf der einen und Hifizeitschriften auf der anderen Seite. Bei der ersten Sorte gehts um die Musik — and just that. Bei zweiteren geht es um Anlagen, Kabel, Lautsprecher und Platten, die man sich an die Wand hängen kann, damit dieses nervige Fiepen von 3dB bei 13,5kHz endlich verschwindet. (Note: Es handelt sich dabei nicht um Schallplatten, die ja gegegenenfalls noch als Raumdeko durchgehen könnten…)

  • 4. CD-Tests

    Auch die Hifi-Zeitschriften haben jedoch einen Bereich, in dem es um das wirkliche geht: Musik. Naja, fast. Sie besprechen die Platten, so weit so gut. Aber sie gehen nicht auf die Kriterien Tanzbarkeit, Mitreißung und -gröhlfaktor ein sondern testen vielmehr die Qualität der Aufnahme, das Spektrum der Frequenzen und ob die Scheibe auf einer Anlage schwierig abzuspielen ist. Je schwieriger, desto höher die Punktzahl.

  • 3. Anlage

    Okay, wir Musiknerds gönnen uns ja auch eine nette Anlage, kein Frage — da wurde einiges investiert, um den Genuss zu ermöglichen. Aber was bitte sind Preamps für 20, Monoverstärker für 40 und Plattendreher für 100, genau: Tausend Euro? Klar, ist schon eine lustige Geschichte, wenn man sagen kann, dass man zur Aufstellung seines tonnenschweren Tellers extra einen Statiker kommen lassen musste. Aber nur, wenn die Lacher auch Bänkersöhne sind.

  • 2. Kabel

    Aber bei den Komponenten wird hier nicht haltgemacht, schließlich sagten schon die Sterne: »Stell die Verbindung her!« Diese wird, dank des teuren Preises der guten Qualität nur aus sauerstoffreduziertem Gold produziert — wofür indische Kinder jeweils 10 Tage an einem Goldbarren saugen müssen. Auch Strom kommt bei den Audiophilen nicht einfach aus der Steckdose, sondern aus einer vorgeschalteten 10-fach-Stufe zur Noisereduktion. Natürlich jedes Gerät einzeln und an getrennten Sicherungen.

  • 1. Super Audio CD

    Das zentrale Problem der Musikindustrie mit diesen Fanatikern ist nur eines: Sie geben zu viel Geld für das Wie aus, aber fast gar nichts für das was. Schließlich haben sie die paar Aufnahmen der Stereoplay-Bestenliste schon in ihrem Schrank stehen. Da kam ein wohl zurecht unterbezahlter Praktikant auf die Idee, einfach ein audiophiles Format auf den Markt zu schmeißen. Plötzlich waren also alle Alben befähigt, bei den Herren mit den vergoldeten Anschlussklemmen zu laufen. Auch wenn die Aufnahmen gar nicht dafür geeignet waren — den Unterschied hören die ja eh nicht.

Und auch keine gute Musik.

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7 Kommentare

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  • Armin am 09.11.2005  #1

    Also ich groehle ja am liebsten unter der Dusche (zum Tanzen ist etwas zu eng und rutschig) und uebertoene dabei locker das gammelige Duschradio dass ich vor 7 Jahren fuer DM 3:99 (oder so) bei Aldi gekauft habe. Leider hat das Ding vor ein paar Tagen den Geist aufgegeben.

    Jetzt stehe ich vor einer schwierigen Entscheidung: Wieder so ein Teil fuer GBP 1:99 von Tesco (and earn Clubcard points too!) oder gebe ich doch GBP 119:99 fuer das Oasis von Pure aus? Immerhin koennte ich dann endlich BBC 6 unter der Dusche hoeren. Allerdings immer noch ohne Goldkontakte und ohne Bedarf fuer einen Statiker…

  • einbecker am 09.11.2005  #2

    Allein schon wegen des grandiosen Namens: Kaufen. Was die DM angeht: Die trennt man auf dieser Seite des Wassers immer noch mit nem Komma ab. ;-)

  • Schür am 09.11.2005  #3

    Hehe.

  • Schür am 09.11.2005  #4

    (Sorry, sollte nicht so umfangreich werden. Überlest es einfach, wenn’s zuviel ist.)

  • Herr Herrner am 17.11.2005  #5

    Beachten Sie als schönes Beispiel an dieser Stelle auch:

    http://www.ohgizmo.com/2005/11.....rs-cables/

    Yeah, right!

  • Armin am 17.11.2005  #6

    Wat’n billiger Schrott, $6k der Meter, sowat kommt mir nich in’s Haus! Ich miete die Orchester und Bands jetzt selber, da brauch ich diese Billigkabel nicht. Jawohlja, das ist echte High Fidelity!!!1eins

  • einbecker am 17.11.2005  #7

    Armin, du vergisst eins: Echte Audiophile hören sich keine Livemusik an, denn die klingt schließlich nicht so gut wie Ihre 1996er Aufnahme über die vergoldete Poperze Anschlussleitung.

    Ach ja, was mich erstaunt: Selbst bei den digitalen Anschlüssen achten die Herrschaften auf das perfekte Material. Gut, bei der analogen Wiedergabe stürzen sie sich zwar auch schon auf unhörbare Nuancen, aber bei der digitalen ist ja objektiv kein Unterschied mehr messbar. Weird.

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