Thema »Film und Fernsehen«

Dialogbausteine für Krimis

von JC Niemeyer am 20.07.2006

Der TV-Ermittler Gunvald Larsson gibt seinem Chef schon mal die Worte “Geh ein bisschen spielen!” mit auf den Weg, um mit einem – noch – unkooperativen Zeugen alleine zu sein. Regelmäßige Zuschauer der Beck-Reihe mögen Gunvalds anschließend zu bewundernde Verhörmethoden sehr, sie haben schließlich einen besonderen Unterhaltungswert. Viele Krimis sind einfacher gestrickt und folgen einem simplen Muster. Insbesondere die Gespräche der zentralen Figuren scheinen aus dem Dialogbaukasten zu stammen. Besonders beliebte Äußerungen, chronologisch geordnet:

  • 5. Assistent: “Ich habe Spuren von gewaltsamem Eindringen gefunden.”

    Gewaltsames Eindringen geht immer. Hat der Kommissar einen Raubmord in der Industriellenvilla zu untersuchen, liefert einer der Spurensicherer ihm diese Information gleich am Tatort. Und auch wenn ein Sexualdelikt an einer knackigen Studentin aufzuklären ist, kommen die Spuren des gewaltsamen Eindringens spätestens beim obligatorischen Gespräch zwischen Ermittler und Pathologen auf den Tisch, meist sogar im Wortsinn.

  • 4. Zeuge: “Sie war’s, sie war’s.”

    Ein Klassiker seit rund 2000 Jahren. Zeugen müssen schließlich ihre Beobachtungen und Vermutungen loswerden. Wird teilweise auch zur Verwirrung von Kommissar und Zuschauer eingesetzt, wenn der Zeuge seine Aussage spontan ändert (“er war’s, er war’s”).

  • 3. Verdächtiger: “Du hast es nicht anders verdient!”

    Gehört eigentlich an den Beginn der Handlung, aber der Regisseur lässt die Zuschauer miträtseln. Deshalb baut er diese Szene als Rückblende mitten in den Film. Der Verdächtige und das Opfer stehen sich gegenüber, der eine verängstigt, der andere wutentbrannt mit einem Spaten in der Hand. Natürlich war der Typ mit dem Spaten es hinterher doch nicht, sonst wäre ja die Spannung weg.

  • 2. Ermittler: “Dann wollen wir dem Herrn mal einen Besuch abstatten.”

    Kurz vor Abschluss der Ermittlungen ist es an der Zeit für die Konfrontation von Ermittler und Täter. Der Hinweis auf das bevorstehende Gespräch mit dem Täter führt dem Zuschauer erneut einige wichtige Details vor Augen: Auch wenn so ein Fernsehkommissar ständig irgendwelchen Leuten Besuche abstattet, muss der, der so deutlich angekündigt wird, wohl wichtig sein, also aufwachen! Zudem ist dies die Gelegenheit, noch einmal den Charakter des Ermittlers zu unterstreichen, man achte auf seinen Tonfall. Der knallharte Kommissar sagt es überlegen-süffisant und demonstriert seine Entschlossenheit im Kampf gegen das Verbrechen. Der gemütliche deutet nur sachlich an, dass sein Assistent nun den Wagen holen könnte. Und der trottelige freut sich, dass er nochmal aus dem Revier rauskommt, bevor der den lästigen Bericht schreiben muss.

  • 1. Täter: “Seit wann wissen Sie es?”

    Im Strafprozess hat der Angeklagte das letzte Wort, im Krimi nur das vorletzte. Der Überführte will für‘s nächste Mal wissen, was er anders machen muss, um nicht wieder überführt zu werden. Wie der Kommissar es letztlich rausgekriegt hat, ist beinahe eine eigene Liste wert. Der Klassiker: “Seit wir die Tatwaffe bei Ihnen gefunden haben”, neuerdings gerne auch: “Seit wird Ihnen heimlich eine DNA-Probe abgeluchst haben.” Der überlegen-süffisante Ermittler lässt sich mit Vorliebe zu einem Bekenntnis wie “Seit unserer ersten Begegnung, ich habe Ihre Angst gerochen” hinreißen. Von höherem Unterhaltungswert sind die exakten Beobachter unter den Kommissaren, die merken es an den abgefahrensten Details, etwa am Akzent, den der Täter so mühsam unterdrückt oder an dessen Art, sich durchs Haar zu fahren. Leider lautet die Antwort nie: “War nur geraten.”

High Fidelity, memorable quotes

von Schuer am 13.02.2006

Top 5-Weblog»Wir haben High Fidelity gesehen und wissen, dass es gute Gründe dafür geben kann, eine Top 5-Liste (chronologisch und autobiografisch) seiner Verflossenen zu bauen.«

Japp, haben wir. Der Film, der den gedanklichen Anstoß für dieses Weblog gab, und dessen fünf schönste Zitate bisher nicht erwähnt wurden. Rob about:

  • 5. Gaye and Garfunkel

    »Liking both Marvin Gaye and Art Garfunkel is like supporting both the Israelis and the Palestinians.«

  • 4. Pop music

    »What came first, the music or the misery? People worry about kids playing with guns, or watching violent videos, that some sort of culture of violence will take them over. Nobody worries about kids listening to thousands, literally thousands of songs about heartbreak, rejection, pain, misery and loss. Did I listen to pop music because I was miserable? Or was I miserable because I listened to pop music?«

  • 3. Sex

    »I could’ve wound up having sex back there. And what better way to exorcise rejection demons than to screw the person who rejected you, right? But you wouldn’t be sleeping with a person, you’d be sleeping with the whole sad, single-person culture. It’d be like sleeping with Talia Shire in Rocky if you weren’t Rocky.«

  • 2. Johnny Cash

    »I’ve read books like The Unbearable Lightness of Being and Love in the Time of Cholera, and I think I’ve understood them. They’re about girls, right? Just kidding. But I have to say my all-time favorite book is Johnny Cash’s autobiography Cash by Johnny Cash

  • 1. Mixtapes

    »The making of a great compilation tape, like breaking up, is hard to do and takes ages longer than it might seem. You gotta kick off with a killer, to grab attention. Then you got to take it up a notch, but you don’t wanna blow your wad, so then you got to cool it off a notch. There are a lot of rules.«

Hidden bonus track:
»Don’t tell anyone you don’t own Blonde on Blonde. It’s gonna be okay.« (Barry)

Tatort

von einbecker am 05.12.2005

Sonntagsrituale, die: Dinge, die im Laufe des Sonntages gemacht werden. Häufig sind die S. entspannungsfördernd, um sich einerseits von Feierlichkeiten der Vorabende zu erholen und andererseits auf die stressreiche folgende Arbeitswoche einzustellen. Typische S. sind Spaziergänge, der Sonntagsbraten oder aber ein Sonntagabendsfilm, typischerweise aus der Reihe Tatort.

Wer kennt ihn nicht, den Vorspann, der immer wieder Sonntags um 20 Uhr 15 die Wohnzimmerwände in deutsch- östereichischen Haushalten blau färbt (und der durch die neue eins im Kreis verunstaltet wurde)? Hier die fünf besten Ermittlungsorte:

  • 5. Wien, München, Köln, Leipzig, Hamburg

    Zur 600. Folge (siehe 2.) stand in der taz, dass ein Tatort auch scheitern dürfen muss. Das ist vielleicht das Problem der Klassiker der Tatort-Reihe: Alle sehr nett, nie unterdurchschnittlich, mit Langzeiterzählungen, Konflikten zwischen den Charaktären und so weiter. Aber eben selten auch mehr als nur »nett«.

  • 4. Hannover

    Vielleicht liegt es an der Niedersächsischen Heimat — oder aber daran, dass konsequent nur in kleinen Dörfern ermittelt wird. Die Ermittlerin Lindholm jedenfalls gefällt mit ihrer trockenen, fast schon kühlen Art. Die düstere, Neblige Stimmung der Provinz ist jedenfalls perfekt eingefangen und prima geeignet, den Sonntag abend zu unterhalten.

  • 3. Frankfurt

    Dellwo und Sänger sind ein Gespann, wie es in vielen Tatorten vorkommt: Komplementär entwickelt, sich ergänzend und Konflikte herbeibeschwörend. Aber hier ist das Paar doch etwas subtiler ausgelegt, werden des öfteren Einzelermittllungen geführt und man will Kopf und Hand Sänger und Dellwo mehrfach sagen, was sie tun sollen — und hat dabei das Gespür der Kommisare unterschätzt.

  • 2. Bremen

    In der 600. Folge brillierte dieser Tatort und zeigte seine ganze Kraft: »Scheherazade« lieferte einen packenden Politthriller rund um den 11. September und blieb dabei trotzdem immer Tatort. Inga Lürsen, die teilweise zu temperamentvoll agiert, ermittelt jedenfalls sehr menschlich und wird von ihrem Team dabei sehr gut ergänzt.

  • 1. Münster

    Klare Nummer eins der Tatort-Reihe und ein Highlight des deutschen Fernsehens: Der Tatort in der Fahrradstadt rund um Thiel und Professor Börne, sowie Thiels Vater und Börnes kleine Mitarbeiterin schaffen den Spagat von Krimi und Komödie, Wortwitz und Ermittlungen immer auf den Punkt. Gerne auch etwas politisch (und dabei auch mal incorrect), werden im Münsteraner Tatort sehr interessante Geschichten erzählt.

Fünf Gründe gegen Broken Flowers

von Schuer am 07.10.2005

  • 5. Bill Murray.

    Nicht wirklich, oder? Ich bitte dich, wir reden hier von DEM Murray. Der aus Lost in Translation, einem der wohl großartigsten Filme der letzten Jahre. Bill ist der, der immer so dösig guckt. Und ganz ehrlich: in Broken Flowers geht einem das nach spätestens 20 Minuten auf den Unterbauch. Bill persifliert die Mimik eines Menschen, den man ungern um sich hat, und dem man noch ungerner dabei zuschauen möchte.

  • 4. Langeweile.

    Grundregel beim Filmemachen: willst du dem Zuschauer nahelegen, dass etwas besonders langweilig ist, dann tue es nicht dadurch, dass du ihn langweilst. Ich bin mir sicher, dass niemand von uns derartig extensiv sehen wollte, wie der Hauptdarsteller mit immer neuen broken flowers durch immer neue Wohngebiete amerikanischer Vorstädte irrt, in denen ein Haus dem anderen gleicht.

  • 3. Bullshit-Dialoge.

    Ergänzend zu #4 passieren in diesen Häusern merkwürdige Dinge, die mit viel Mut als Unterhaltungen durchgehen. Es wird geredet, ohne viel zu sagen. Allein Sharon Stone erhält gleich in Haus 1 einen Funken knisternde Aufmerksamkeit, indem sie verführerisch lächelt und ihre aufreizende Tochter davon abhält, Bill zu verführen. Das schafft sie, Sharon, indem sie es selbst tut, und es überrascht wohl nur diejenigen Zuschauer unter uns, die ihren, Sharons, Namen im Vorspann verpasst haben.

  • 2. Story, Plot. Irgendwas davon.

    Der Film geht nicht auf. Er vermasselt es schon nach kurzer Zeit. Wir haben High Fidelity gesehen und wissen, dass es gute Gründe dafür geben kann, eine Top 5-Liste (chronologisch und autobiografisch) seiner Verflossenen zu bauen. Aber es ist doch sehr abstrakt zu denken, der irre Nachbar könnte jemanden wie Bill Murray dazu überreden, allein aufgrund eines anonymen Briefs in einem Mietwagen mit rosa Blümchen durch Amerika zu tingeln um herauszufinden, welche Ex-Geliebte eine olle Schreibmaschine besitzt und Bill Junior ausgetragen hat.

  • 1. Ein Ende, kein Ende.

    Wer die 70 Minuten in der Mitte überstanden hat, wünscht sich ein stilvolles Ende, das dem Film einen Sinn gibt. So wie bei Big Fish. Broken Flowers hinterlässt ein Schulterzucken.

Reden wir nicht mehr drüber.

Dokufreunde

von Schuer am 06.07.2005

Henne, Serien. Hahn, Doku. Nachdem erkannt wurde, dass Männer Dokus lieben, geben wir Butter dazu. Die Top 5:

  • 5. Technik

    Technik kommt immer gut an, denn es ist beinahe für jeden was dabei: der Bau des neuen Airbus, die Handys der Zukunft, mit der Eisraupe durch die Arktis oder das größte Kreuzfahrtschiff der Welt. Spektakulär muss es sein!

  • 4. Baustellen

    Egal ob Tunnel, Hochhäuser, Brücken oder neue Burgerfilialen an der Autobahn: wir sind schon bei der Planung dabei und haben die Füße auf dem Hocker, noch bevor der Bauplatz abgesteckt wird. Besonders beeindruckend sind schwindelfreie Indianer, die auf den Stahlträgern eines Wolkenkratzers balancieren.

  • 3. Luxushotels

    Der Reiz dieser Berichterstattungen liegt ganz bestimmt in der Konsequenz des Hotelpersonals: alle sind Profis und jeder Wunsch wird erfüllt. Das Burj Al Arab für Sofahocker.

  • 2. Polizei

    Ein Hubschrauber und vier Opel Omegas mit Blaulicht, die auf der A8 einen durchgeknallten Motorradfahrer verfolgen. Verdeckte Ermittlungen in der Drogenszene. Auf Streife mit der Bahnhofspolizei. Es gibt kaum interessantere Themen als der Ärger im Revier! Wären da nicht:

  • 1. Schwerlasttransporte

    Die Königsklasse unter den Dokumentation. Wir lieben es, wenn beim Umzug des Braunkohlebaggers drei Straßen verlegt und ein Bach umgeleitet werden müssen. Wir besorgen Cola und Chips, wenn bekannt wird, dass das 25 Tonnen schwere Flugzeugteil aus dem Saarland nach Moskau transportiert werden soll. Wir sagen Familienfeiern ab um Sattelschlepper zu beobachten, die sich mit U-Booten oder dem Berliner Fernsehturm beladen rückwärts über zwei Brücken in enge Straßen schieben, während 20 Rentner am Straßenrand biertrinkend über die großartige Leistung des LKW-Fahrers diskutieren.

nicht mehr Fernsehen: Fernsehentzug.

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